Verkehrte Welt

 

Ein Staatsanwalt der zum Verteidiger wird, ein Gericht das abwiegelt und nur eine unermüdliche Anwältin, die Holger vertritt. Ich kann mir das sehr gut vorstellen: Vier rechtsextreme Jugendliche – vielleicht auch nur drei, wenn man den Aussagen des Angeklagten folgen will, der die Freundschaft zu seinen damaligen Kumpels gekündigt habe – sind bierselig unterwegs zum Aufmarsch der rechtsextremen NPD. Gestärkt durch das Gemeinschaftsgefühl der Rechtsextremen „Ausländer raus – Deutschland den Deutschen!“ treffen sie auf eine Gruppe Gegendemonstranten. Da kann man schon mal übermütig werden. Holger S., der fast alleine über die Straße geht, muß dann dran glauben – denn schließlich heißt es ja „Linke Zecke, verrecke!“.

 

Aber der Skandal geht noch weiter: Staatsanwaltschaften, die ohne Not, bevor überhaupt die Beweise vorliegen, aus dem Mordversuch fahrlässige Körperverletzung machen, Gerichte die mangels Interesse das Verfahren zwischen sich herschieben und einstellen wollen, Staatsanwälte die sich als Verteidiger der „guten deutschen Jugend“ aufspielen – das schlägt doch dem Faß den Boden raus.

 

Im Tecklenburgerland scheint der „Aufstand der Anständigen“ des Herrn Schröder noch nicht angekommen zu sein. Wegschauen und herunterspielen – das ist dort wohl noch gang und gäbe. Dabei hat sogar schon der münsteraner Staatsschutz schon mitbekommen, daß sich dort nur so die Nazis tummeln. Eine „Freie Kameradschaft Münsterland“ hat sich schon gegründet, NPD-Kader wohnen vor Ort und treiben ihr Unwesen.

 

So reicht nicht der versammelte „Aufstand der Anständigen“ einer Regierung – dieser Aufstand muß sich auch in antifaschistischer Arbeit in den Städten und Dörfern niederschlagen. Wehret den Anfängen!

 

Jan Große Nobis