Eine Sekte rief...

...und Münsters Bürger kam

 

Am 2. April fand in Münster die Veranstaltung „2000 Jahre blutige Kirchengeschichte und die neue Inquisition“ statt. Eine Initiative „Mahnmal für die Millionen Opfer der Kirche“ hatte zu einem Vortrag des „Kirchenkritikers“ und ehemaligen Theologie­dozenten Prof. Dr. Hubertus Mynarek über den „größten Völkermord aller Zeiten“ geladen. Und: ca. 150 Menschen jeglicher politischer Couleur eilten zum „Guru der Kirchenkritik.

 

Das Flugblatt, das im Vorfeld der Veranstaltung in Münster kursierte, sah auf den ersten Blick harmlos aus - vollkommen unpolitisch. Auf den zweiten Blick fiel aber auf, dass der Holocaust in eine Reihe gestellt wird mit allen „anderen Verbrechen der Kirche“ – wenn das nicht eine Form – auch in strafrechtlicher Hinsicht – der Leugnung und Relativierung des Holocaust ist?

 

Auch der Referent hat es in sich: Mynarek exkommunizierter (Sprich: Ihm wurde die Lehrerlaubnis von der Kirche entzogen und er wurde aus der katholischen Glaubens­gemeinschaft herausgeworfen) ehemaliger Theologiedozent an der Universität Wien verkauft sich „mit seinem ökologischen Anspruch und seiner gepflegten Rolle als Opfer von „Verfolgungen“ der katholischen Amtskirche“ nicht ungeschickt als progressiv.“

 

Aber im Gegensatz zu seinem progressiven Ansehen beruft er sich auf eine „geistige Traditionslinie von den ersten bedeutenden völkischen Theoretikern Deutschlands, Legarde und Langbehn, über den NS-Theologen Hauer [...bis zur] Theologin der extremistischen Neuen Rechten der 70er/80er Jahre Hunke“. Diese Traditionslinie beschreibt einen „antisemitisch-antichristlichen, romantisch-zivilisationskritischen, völkischen und organisch-biologistischen“ „germanischen Glauben“. Mynarek beruft sich „distanzlos“ auf die Arbeit von Sigrid Hunke, die diesen Glauben in den 70er und 80er Jahren verwissenschaftlicht hat.“

 

Mynarek „arbeitet die organisch-biologistischen Weltsicht [...] mit deutlich antidemokra­tischen Konsequenzen heraus und sucht hierüber wie über seine Zivilisationskritik (bisher weitgehend erfolglos) Anschluss an die Ökologiebewegung [...]. Er verbindet organische Gesellschaftslehre, germanische Mythologie (z. B. Naturmythologie und die geringer Wert­einstufung individuellen Lebens gegenüber dem Überleben der Sippe).“ Wenn das keine völkische Naturreligion ist, was dann?

 

So trat er auch als Referent für die rechtsextreme Sekte der Unitarier und bei dem rechtsextremen Schulungswerk „Collegium Humanum“, das vom „ehemaligen 'Reichs­amtsleiter in der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude', Werner Georg Haverbeck“ geleitet wird, auf. Ebenso schrieb er auch ein Rechtsgutachten im Auftrag der bayrischen Staatsregierung über die „urchristliche“ Sekte „Universelles Leben“, auf grund dessen 1990 dieser Sekte erlaubt wurde, in Bayern Schulen einzurichten. In dessen Verlag „Weißes Pferd“ hat er auch schon publiziert, sein Verhältnis zum „Universellen Leben“ ist eher – um es freundlich auszudrücken – unkritisch: „Zwar hat sich das UL nie mit Faschismus und Antisemitismus befleckt...“.

 

Hier sind wir auch schon bei dem „Universellen Leben“: „Fachleute und Aussteiger schätzen sie als äußerst gefährlich ein.“ Sie ist eine antisemitische Sekte, geführt von der „Prophetin der Endzeit“ Gabriele Wittek, und hat schon im Raum Würzburg ein Wirtschafsimperium aufgebaut, bestehend aus Krankenhäusern, Schulen, Hotels, Bauunternehmen etc. Nicht nur Mynarek hat Kontakte zu dieser Sekte, sondern auch der auf dem oben genannten Flugblatt als Sprecher der Initiative „Mahnmal für die Millionen Opfer der Kirche“ genannte Ralf Speis gehört zur Sekte „Universelles Leben“. Laut Vereinsregister wurde er 1992 in den Vorstand dieser Sekte gewählt.

 

Hier schließen sich die Kreise: Mynarek mit seiner völkischen Naturreligion ist Autor eines Verlages vom „Universellen Leben“ („UL“), schreibt Gutachten pro „UL“, referiert für die Initiative „Kirchendenkmal“, Speis der „Sprecher“ dieser Initiative ist im Vorstand dieser Sekte. So scheint diese Initiative, die ja per Flugblatt erst mal so harmlos daherkommt, eher ein Trojanisches Pferd der „UL“ zu sein und einige Münsteranerinnen und Münsteraner sind da einem gefährlichen Bock aufgesessen.

 

Jan Große Nobis

 

Literatur:

 

Jungen, Hans-Walter: Universelles Leben. Die Prophetin der Endzeit und ihr Management, Knaur Verlag, Augsburg, 1998

 

Kratz, Peter: Zu Hubertus Mynarek, Bonn, 1988 = http://home.snafu.de/bifff/Mynarek.htm

 

Kratz, Peter: Die Götter des New Age, Elephanten Press, Berlin