Rechtsterrorismus
in NRW: „Oldschool Society“ – die
öffentlichste Terrorgruppe in Deutschland
Am
06. Mai 2015 klickten die Handschellen der GSG 9: In den
frühen
Morgenstunden ging das BKA mit einer großangelegten Razzia
gegen
die „Oldschool Society“ („OSS“)
vor. Bei der
Durchsuchung seien „pyrotechnische Gegenstände mit
großer Sprengkraft“ sowie weitere Beweismittel
sichergestellt worden sein. Die Neonazis sollen nach Erkenntnissen der
Bundesanwaltschaft für das folgende Wochenende
Anschläge auf
Asylbewerberwohnheime, Muslime und Moscheen geplant haben. Vier Leute
wurden festgenommen. Außerdem ermittelt die
Anklagebehörde
gegen fünf weitere Beschuldigte, deren Wohnungen ebenfalls
durchsucht wurden. Die Gruppe soll spätestens seit November
2014
bestehen. Die Facebook-Seite bestand seit September 2014. Es bestehen
vielfältige Bezüge nach Nordrhein-Westfalen.
Die
Protagonisten der „OSS“: Der 56-jährige
Augsburger
„Präsident“ Andreas H., der
47-jährigen Olaf O.
aus Wattenscheid-Günnigfeld (Bochum, „Amt
für Presse
und Öffentlichkeit“) sowie Markus W. (39 Jahre,
„Vizepräsident“) und
„Denise“ Vanessa G.
(22 Jahre) aus Sachsen wurden in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter
vorgeführt. Dabei stammt Markus W. gebürtig aus
Düren.
Andreas H. aus Mülheim an der Ruhr.
Selbstverständnis
und Gewaltphantasien des Terrornetzwerkes
Laut
Eigenbeschreibung der „OSS“ auf der bis zuletzt
öffentlich zugänglichen (sie ist inzwischen gesperrt)
Facebook-Seite seien sie eine „Verbindung gleichgesinnter
Menschen die, die Werte Respekt, Loyalität, Ehre, Bruderschaft
und
Toleranz nicht nur als Floskel sehen, sondern diese Tugenden
leben.“ Drohungen gegen Menschen wurden dort offen
ausgesprochen:
„Eine Kugel reicht nicht aus“. Und um
„ungebetene
Gäste“ würde sich die Gruppe selbst
kümmern. Man
„rufe nicht die Polizei“. Es werden alle
möglichen
rassistischen Seiten gepostet. Aus verschiedenen politischen
Richtungen. Hogesa steht natürlich hoch im Kurs.
Beiträge von
NPD, „Die Rechte“, PI-News, Pegida und freien
neofaschistischen Seiten werden geteilt. Aber auch Beiträge
der
„Mainstreammedien“, wenn es ideologisch passt.
Dass
Programm der „OSS“ ist stramm an die historische
Ideologie des Nationalsozialismus angelehnt:
„[…]
-
Wer als Ausländer in Deutschland nicht arbeitet,
straffällig
wird, oder sich Integration Unwillig zeigt wird sofort Ausgewiesen.
-
Rente bleibt generell nur dem Deutschen Staatsbürger, die
keinen
ausländischen Hintergrund haben, Vorbehalten. Alle anderen
müssen sich wie ein Selbstständiger, selbst
versichern, somit
kann auch keine Versicherung an schein Kinder Frauen weitergeleitet
werden bzw mitversichert, es sei denn der Versicherte zahlt.
- Des
Weiteren müssen sich nicht Deutschstämmige privat
Krankenversichern.
-
Auch räumen wir ein Asylrecht ein, in besonderen
Fällen,
allerdings sehr begrenzt und an Orten die dem Volk nicht schaden und
mit der Auflage unentgeltliche Arbeit zu leisten.
[…]“
Wer da
nicht an die Nürnberger Rassengesetze von 1935
denkt…
Geschlossene
Chat-Gruppe der „OSS“
Das
Titelbild der Facebook-Seite.
Wer
nun aber denkt, rassistische und gewaltverherrlichende Postings
gäbe es auf Facebook doch genug – was ist also so
besonderes
an der „OSS“, der wird bei der FAZ fündig:
"Noch
deutlicher ging es in den geschlossenen Chat-Räumen von OSS
zu.
‚Da haben die richtig die Sau rausgelassen‘,
heißt es
aus Sicherheitskreisen. Ganz offen habe der sich unbeobachtet
fühlende OSS-Zirkel darüber kommuniziert, dass man
nicht
länger zuschauen wolle, wie Deutschland weiter vor die Hunde
gehe,
dass es nun zu handeln gelte. ‚Der Ekelfaktor der
Äußerungen ist kaum zu überbieten. Die
haben sich
gegenseitig aufgestachelt, jeder sollte in seiner jeweiligen Region
etwas machen.‘ Seit Anfang des Jahres sei die Diskussion in
dem
geschlossenen Chat-Raum immer konkreter geworden. Zunächst
hätte es demnach um den bewaffneten Kampf gegen islamistische
Salafisten gehen sollen. Das Kalkül sei gewesen, damit
öffentliche Akzeptanz für mögliche
Anschläge zu
erreichen. Ob die mutmaßliche Terrorgruppe aber auch schon
konkrete Anschlagsziele oder Anschlagstermine ins Auge gefasst hatte,
ist indes unklar."
Markus
W., gebürtig aus Düren
Markus
W., einer der beiden Rädelsführer, lebt zurzeit in
Borna in
der Nähe von Leipzig. Gebürtig stammt er aus
Düren (bis
2010). Vor seinem Umzug ins Leipziger Umland soll „Markus
Wilms
der [2012] verbotenen ‚Kameradschaft Aachener Land‘
angehört haben“, so Andrea Röpke im Blick nach Rechts. Nach Angaben
von Michael Klarmann vom Lokalen Aktionsplan
Aachen
war er zeitgleich „im ‚Ordnerdienst‘ des
NPD-Kreisverbandes Düren aktiv und fungierte ab 2005
sporadisch
auch als Ordner bei NPD-Infoständen oder braunen
Aufmärschen
wie jenen in Stolberg. […] Für die Partei fungierte
er bei
den Kommunalwahlen 2009 zudem in Düren-Stadt und im Kreis
Düren als Direktkandidat in zwei Wahlbezirken, auch war er bei
diesen Wahlen Kandidat auf den Reservelisten der NPD für den
Dürener Stadtrat und Kreistag.“
Nach
der Mitgliedschaft in der „Kameradschaft Aachener
Land“ sei
er „bei einer Gruppierung ‚Kameradschaft und
Loyalität‘ (KL) aktiv gewesen. Sein Auftauchen in
der Region
hätte die Sicherheitsbehörden alarmieren
müssen. Zumal
ein anderes KL-Mitglied an der Tötung des Irakers Kamal Kilade
in
Leipzig im Jahr 2010 beteiligt gewesen sei“, so Kerstin
Köditz (Die Linke) gegenüber dem MDR.
Olaf
O., Bochum
Olaf
O., Mitte
Olaf O.
galt bisher eher als Mitläufer und Maulheld denn als
Organisator. Der Messie
kommt aus der Rocker- und Hooliganszene und ließ sich immer
wieder mal auf Skinhead-Konzerten sehen. „Es gibt Hinweise
darauf, dass er sich durch die ‚Hooligans gegen
Salafisten‘
radikalisiert hat“, so das Blog ruhrbarone.de.
„Ogorek
nannte sich „Olli Ruhrpott“ und hatte nach eigenen
Angaben
das ‚Amt für Presse und
Öffentlichkeit‘ inne. Im
Dezember 2011 nahm er als Ordner an einer Demonstration mit Christian
Worch in Köln teil“, ergänzt Andrea
Röpke im Blick
nach Rechts [s.o.].
Die
„OSS“ „vor Ort“. Hier:
Naziaufmarsch von „Die Rechte“ am 28. März
in Dortmund.
Als
Pressereferent war Olaf O. wohl der Fotograf der Gruppe: Es gibt auf
der Facebook-Seite der „OSS“ zwei große
Fotogalerien:
Zunächst natürlich die obligatorische Fotogalerie vom
Hogesa-Aufmarsch im Oktober 2014 in Köln. Zum anderen war die
„OSS“ nach eigenen Angaben am 28. März
2015 in
Dortmund beim Naziaufmarsch von „Die Rechte
Dortmund“.
Andreas
H., Augsburg
Der
mittelständische Unternehmer, Waffennarr und
„Präsident“ der „OSS“
Andreas H. aus
Augsburg kommt auch aus NRW: „Hafemann stammt aus
Mülheim an
der Ruhr“, so Andrea Röpke im Blick nach Rechts
[s.o.]. Er
ist bei Facebook mit bekennenden, gewaltbereiten Neonazis und
„bayerischen NPD-Politikern wie Karl Richter und Manfred
Waldukat
oder mit Jörg Uckermann, einst bei der rechtsextremen
Bürgerbewegung pro NRW aktiv“ befreundet, so die Mittelbayrische Zeitung.
Schwerpunkt
NRW
Ob
sich die drei Männer schon zu ihrer Zeit in NRW kennengelernt
haben, ist nicht bekannt. Aber es fällt schon auf, dass drei
der
vier Verhafteten Wurzeln in NRW haben. Bekannte Besuche von
Demonstrationen sind nur aus NRW bekannt: Das sind Hogesa 2014 in
Köln und der Aufmarsch von „Die Rechte“ am
28.
März in Dortmund. Nur ihr
„Familientreffen“ fand in
Borna statt. Es fallen Namen aus dem gesamten rechtspopulistischen und
neofaschistischen Spektrum: Von pro NRW (Facebook-Kontakt von Andreas
H.: Jörg Uckermann, Ex-proNRW) über Pegida
(Lobhudeleien auf
der Facebook-Seite von der „OSS“) und Hogesa
(„OSS“ war 2014 in Köln dabei;
Fotogalerie) bis zur
NPD (Markus W. war bei den Kommunalwahlen NRW in 2009 Kandidat der NPD)
und „Die Rechte“ (Neonazi-Aufmarsch am 28.
März in
Dortmund; Fotogalerie)…
„Rechte
Deppen haben eine Bombe gebaut und der Verfassungsschutz wollte einen
Arbeitsnachweis liefern“ (telepolis)
Auch
wenn „es sich bei ihnen um Personen, die nicht über
eine
hohe Intelligenz verfügen, sondern eher dumpf sind“,
handelt, wie Burkhard Freier, der Chef des NRW-Verfassungsschutzes,
gegenüber der WAZ
äußert, darf man die „OSS“ nicht
unterschätzen. Schließlich gab es über das
interne
Chat-Forum wohl konkrete Absprachen für das Wochenende und
Freier
befürchtete: „Wir hatten wegen ihrer Gewaltfantasien
Sorge,
dass sie völlig durchdrehen“!
Anschlag
am Wochenende geplant
„Die
Nachrichtenagentur dpa meldet, die Gruppe habe ein Attentat am
kommenden Wochenende geplant. Das sei aus der internen Kommunikation
hervorgegangen, die abgehört wurde. Das erfuhr die dpa aus
Sicherheitskreisen. Mit den von der OSS geplanten Bomben
hätten
demnach Menschen verletzt oder getötet sowie Gebäude
stark
beschädigt werden“, so die Mittelbayrische Zeitung.
Hat der
VS etwa gelernt aus dem NSU?
Es
liest sich oft in den Medien wie ein gewollter
„Arbeitsnachweis“ für den
Verfassungsschutz. Aber
nein: Es gab eine konkrete Bedrohung! Ob der VS aus dem NSU gelernt
hat? Wer weiß das? Schließlich haben es die
Mitglieder des
Terrornetzwerkes „OSS“ dem VS durch ihre
Verknüpfung
mit einer offenen Facebook-Gruppe auch arg einfach gemacht…
Jan
Große Nobis
VVN-BdA
Bochum zum Rechtsterror
Die
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten /VVN-BdA) Bochum ist entsetzt,
dass in Bochum ein Ableger der faschistischen Organisation OSS (Old
School Society) existiert. Es ist offensichtlich, dass es in Bochum
einen Unterstützerkreis für den Naziterror gibt. Es
ist zu
einfach zu meinen, dass der kürzlich Festgenommene in Bochum
allein für die OSS und etliche andere faschistische Gruppen
aktiv
war. Wir erinnern an den großen Unterstützerkreis
der Hogesa
in Essen. Auch die zahlreiche Morde des NSU sollten mahnen, dringend
nach weiteren potenziellen OSS-Mitgliedern und Sympathisanten der
Naziszene auch in Bochum zu fahnden. Zu oft haben sich Polizei und
Staatsanwaltschaft schon auf den berühmten
Einzeltäter
festgelegt. Der jetzt festgenommene Olaf O. soll ja auf der inzwischen
abgeschalteten Homepage der OSS mit zahlreichen Freunden zu sehen sein
(vgl. WAZ vom 7.5.2015). Außerdem soll er bei zahlreichen
Naziaufmärschen anderer faschistischer Organisationen gewesen
sein.
Es
ist beschämend, dass am 8. Mai 2015, dem 70 Jahrestag der
Befreiung vom Faschismus, an derartige Vorgänge erinnert
werden
muss.
Die
VVN-BdA Bochum fordert energische Maßnahmen gegen den
Neofaschismus und deren Hintermänner und -frauen in
Springerstiefeln und in Nadelstreifenanzüge.
Siehe
auch:
Aus der
Kommentarspalte in den bewaffneten Kampf – ein
Hintergrundartikel zum OSS
http://wutimbau.ch/article/aus-der-kommentarspalte-in-den-bewaffneten-kampf-ein-hintergrundartikel-zum-oss/
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